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Auszug aus dem Schutzraumkonzept

(Stand Oktober 16)

 

Dieses Konzept ist das vorläufige Ergebnis eines Vereinsentwicklungsprozesses, der stetig fortgeführt wird. Die vorliegenden Inhalte, auf die wir uns in einem Diskussionsprozess einigen konnten, sollen unseren Schutzraum stützen. Es können Inhalte hinzukommen, so dass sich die Genauigkeit und Gültigkeit unserer Übereinkunft erweitert.

 

Ausgangslage

Jede_r von uns hat im Leben schon Erfahrungen mit Diskriminierung gemacht. Manchmal als Nutznießer_innen gegenüber Angehörigen der Gruppe der „Anderen“, manchmal als Diskriminierte_r und oft passiv oder danebenstehend, ohne etwas davon mitbekommen zu haben. Die Ursache dafür haben wir darin gefunden, dass die postkoloniale Gesellschaft auf Transformationen des Rassismus und auf Sexismus sowie weiteren kulturalistischen und biologistischen Ausgrenzungsmechanismen beruht. In unserem persönlichen Umfeld konnten wir unterschiedliche Strategien entwickeln, um uns mit diesen Gegebenheiten mehr oder weniger zu arrangieren. Im Rahmen der Tätigkeit beim a. a. a. wollen wir aber gemeinsam daran arbeiten, ein diskriminierungsfreies Umfeld zu schaffen. Warum?

 

  1. Als Verein besteht der a. a. a. nicht nur aus der Summe der Meinungen, des Wissens und der Handlungen einzelner Akteur_innen, sondern steht als Organisation für einen konkreten Zweck, dem wir als Organisation gerecht werden wollen und auch müssen:

 

  1. a) Förderung von Menschen mit Ein- und Zuwanderungshintergrund
  2. b) Unterstützung von Menschen mit Ein- und Zuwanderungshintergrund bei der Integration in die Gesellschaft
  3. c) Information für Menschen mit Ein- und Zuwanderungshintergrund
  4. d) Information der Öffentlichkeit über die Situation der Menschen mit Ein- und Zuwanderungshintergrund

 

  1. Aus unserer täglichen Vereinsarbeit und aus unserer persönlichen Diskriminierungsgeschichte wissen wir, dass unsere Teilnehmer_innen zwischenmenschlichen, strukturellen und institutionalisierten Formen der Diskriminierung ausgesetzt sind und wir dieser Realität zum Teil machtlos gegenüberstehen oder sogar selbst zu deren Re-Produktion beitragen. Diesen Erfahrungen wollen wir aber nicht ohnmächtig begegnen, sondern selbst im Rahmen unserer Möglichkeiten tätig werden.

 

Diskriminierungsfrei?

Auf dem Weg in einen diskriminierungsfreien Raum gibt es Stolperstellen. Wir stecken nicht alle gleich ausführlich im Thema. Es kann mitunter schmerzhaft sein, sich über eigene Privilegien oder die eigene Opferrolle bewusst zu werden. Es gibt Formen von Diskriminierung, über die sich nicht nur wir, sondern eine breite Öffentlichkeit noch gar nicht bewusst ist und die uns erst in mehreren Jahren beschäftigen werden. Letztendlich müssen wir uns eingestehen, dass es uns schwer fällt, einige Privilegien aufzugeben. Aus dieser Erkenntnis wollen wir nicht schlussfolgern, dass es diskriminierungsfrei nicht geben kann. Im Gegenteil hält sie uns an, unser Bestes zu geben und uns als Gruppe und als souveräne Individuen weiterzuentwickeln.

Was verstehen wir also unter Diskriminierung? Im lateinischen Wortsinn ist sie eine Trennung, Absonderung, Abgrenzung oder Unterscheidung. Zur politischen und ungerechten Dimension wird sie dadurch, dass …

  1. … konstruierte Unterschiede einzelnen, tatsächlichen oder angenommenen Mitgliedern einer Gruppe oder einer ganzen Gruppe von Menschen, eine soziale Machtposition versagen oder sichern.
  2. … Unterscheidungen von vermeintlich oder tatsächlich unveränderlichen Merkmalen zur Konstruktion von Gruppen führen, die wiederum in sozialen Strukturen Positionen einnehmen können, die Macht[1]positionen versagen oder sichern.

 

Der Veränderungsprozess

Prozesshaftigkeit

Mit der Einigung auf die Worte in diesem Konzept ist eine bedeutende Entwicklung eingetreten. Auch in der Zukunft wird sich der Schutzraum auf mehreren Ebenen prozesshaft weiterentwickeln. So zieht jede_r von uns persönliche Schlüsse, die Zusammenarbeit in den Teams wird im Schutzraum stattfinden und alle Vereinsmitglieder stehen für den a. a. a.. An dieser Stelle wollen wir ansprechen, dass die hauptamtlichen Mitarbeiter_innen und die Vorständ_innen in der Verantwortung stehen, die Idee des Schutzraums in neue Generationen von Mitwirkenden weiterzutragen und ihn zu schützen. Wie kann das funktionieren?

  1. Sie sind Ansprechpartner_innen für alle Fragen und können vertrauensvoll zur Hilfe geholt werden, wenn Diskriminierungen vorliegen.
  2. Irritationen des Schutzraums werden offen angesprochen.
  3. Die Prozessevaluation ist ein fester Bestandteil der gemeinsamen Arbeitstreffen.
  4. Neue Mitwirkende werden zu Beginn ihrer Tätigkeit über den Schutzraum a. a. a. informiert.
  5. Mitwirkende bilden sich laufend weiter.

Weil es ein Prozess ist, können wir nicht genau wissen, was passieren wird. Das sehen wir als Entwicklungsmöglichkeit und Vorteil.

 

Prozessevaluation & Weiterentwicklung

Neben der Möglichkeit, sich jederzeit bei Fragen und Vorfällen an die Vorständ_innen und die Hauptamtlichen zu wenden, werden einmal im Schuljahr moderierte Treffen zum Austausch über den aktuellen Stand unseres gemeinsamen Projekts abgehalten. An diesem Termin können Anpassungen vorgenommen werden und neue Aufgaben und Ziele formuliert werden. Unsere Vortragsreihen, Fortbildungen, Vereinsentwicklungswochenenden, etc. behandeln stets Themen, die in Bezug auf unseren Vereinszweck eine Wissenserweiterung im Themenfeld Gerechtigkeit ermöglichen.

 

Das Ziel

Schutzraum a. a. a.

Alle Mitwirkenden beim a. a. a., also Ehrenamtliche, Hauptamtliche, Praktikant_innen, Vereinsmitglieder, Vorständ_innen, Teilnehmer_innen und weitere Menschen, die im Rahmen des a. a. a. tätig sind, sollen in den Räumlichkeiten und an Orten, an denen wir als a. a. a. auftreten, vor Diskriminierung geschützt agieren können. Jede_r steht demnach selbst unter dessen Schutz und beteiligt sich am Schutz der Weiteren.

Dieser Raum stellt unserer Meinung nach eine Erweiterung der Freiheit der Menschen dar, die in ihm aktiv sind und stärkt dadurch unsere Zusammenarbeit an unserem gemeinsamen Vereinszweck. Denn, wenn wir uns einig sind und nicht mehr damit beschäftigt, uns selbst und anderen soziale Rollen zuzuschreiben, können wir als Souveräne tätig werden.

 

Unser Verhalten im Schutzraum

Zur Verwirklichung unserer Ziels haben wir uns neben dem allgemeinen Grundsatz, diskriminierendes Verhalten einzustellen, auf konkrete Handlungssituationen verständigt, die allen Mitwirkenden im Verein zu Beginn vorgelegt werden und die als Voraussetzung zur Mitarbeit gelten.

 

 

Regensburg, im Dezember 2015

 

[1] Macht bedeutet für uns, innerhalb der Logik, der Regeln und der Hierarchie von Systemen Ressourcen zur Verfügung zu haben, die eine vorteilhafte Position ermöglicht.

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